Wenn andere Weihnachten feiern ...

... überwachen die Netzführer der OVAG das Strom- und Wassernetz.

Die Netzleitstelle der OVAG ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr besetzt. Unser Oberhessen fragt nach bei zwei von denjenigen, die an Weihnachten im Schichtdienst arbeiten.

Oliver Tag überwacht das Wassernetz, steuert sowohl die Wasserförderung aus den Brunnen als auch den Betrieb des gesamten Fernwasserleitungsnetzes und die Abgabe an die Kommunen, die von der OVAG versorgt werden. Dadurch sorgt er dafür, dass jederzeit einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung steht. Auch an den drei Weihnachtsfeiertagen, an denen er jeweils von 13 bis 20.30 Uhr Dienst hat. Einfluss darauf hat er nicht, denn die Dienste werden nach einem rotierenden System lange im Voraus eingeteilt. Er und seine Kollegen haben in diesem System vier Tage lang Nachtdienst, danach die ganze Woche von Montag bis Samstag Spätdienst, dann zwei Tage frei, dann drei Tage lang Nachtschicht, in der Woche darauf fünf Tage frei und dann sieben Tage lang Frühdienst, zwei Tage frei und danach beginnt der Zyklus von vorne. „An Heiligabend hatte ich dadurch schon öfters Dienst, aber das ist nicht schlimm. Unsere Feierlichkeiten daheim richten wir danach aus: Die Bescherung verschieben wir auf den Morgen des 25. Dezember, feiern also quasi nach ‚amerikanischem Vorbild.‘ Mein zehnjähriger Sohn ist alt genug, um zu verstehen, warum ich weg bin und mein jüngerer Sohn ist noch kein Jahr alt, daher bekommt er noch gar nicht so genau mit, was Weihnachten ist.“

Natürlich machen er und seine Kollegen es sich trotzdem ein wenig weihnachtlich im Dienst. Sie stellen einen kleinen Weihnachtsbaum und einen Adventskranz auf – „vorschriftsmäßig mit elektrischen Kerzen“, lacht Oliver Tag. Ansonsten ist der Dienst aber wie jeder andere auch, denn an Heiligabend muss man das Wassernetz durchaus im Blick haben. An den Feiertagen wird die Wasserförderung auf die Gewohnheiten der Verbraucher abgestimmt. „An Heiligabend brauchen wir vormittags mehr Wasser, weil viele daheim mit Vorbereitungen beschäftigt sind und manche Betriebe noch arbeiten. Nachmittags und abends geht der Verbrauch dann deutlich zurück, weil die Betriebe still stehen und die Beschäftigten feiern. Am 25. Dezember morgens steigt der Verbrauch wieder, denn dann sind viele mit Spül- und Aufräumarbeiten beschäftigt, und in manchen Betrieben läuft die Produktion schon wieder an. Damit mir die Hochbehälter an Heiligabend nicht zu voll laufen und die Wasserförderung gleichmäßig bleibt, wird die Fördermenge ab dem 23. Dezember reduziert. Nachsteuern und ausgleichen kann ich dann gegebenenfalls von der Netzleitstelle aus.“

Aber was wäre, wenn es an Weihnachten mal einen Störfall wie zum Beispiel einen Wasserrohrbruch gäbe? Dafür gibt es die sechsköpfige Rufbereitschaftsmannschaft, bestehend aus drei Schlossern, einem Elektriker, Meister und Ingenieur, die quasi mit dem Handy unterm Weihnachtsbaum sitzen – ebenso wie natürlich fürs Stromnetz. „Wenn ich von der Netzleitstelle aus nicht durch Umschaltung über andere Leitungen die Versorgung aufrecht erhalten kann, dann müssen die Monteure eben rausfahren und den Schaden direkt beheben. Oft müssen dann auch noch Kollegen, die keine Bereitschaft haben, ran. An Weihnachten ist das zum Glück noch nie vorgekommen.“

An Silvester hat der Netzführer Wasser Dienst in der Nachtschicht, was er aber gar nicht schlimm findet. Denn von der Netzleitstelle aus hat man auf der einen Seite einen Panoramablick auf ganz Friedberg, auf der anderen Seite schaut man in die Wetterau bis hin zum Vogelsberg. Sein diensthabender Kollege vom Strom und er haben also einen „Premiumplatz“ zum Anschauen des Feuerwerks in den umliegenden Gemeinden. „Wenn es zu keiner Störung kommt, dann können wir diesen Blick auch genießen.“

Uwe Reitz überwacht das Stromnetz im ganzen Versorgungsgebiet der OVAG auf seinen Monitoren. Bei Bedarf nimmt er sämtliche Schaltungen vor, prüft, genehmigt und koordiniert diese. Bei einer Störungsmeldung – zum Beispiel bei Unwettern oder Kabelverletzung bei Bauarbeiten – versucht er, über eine „Umleitungsstrecke“ zu schalten, um die Verbraucher möglichst innerhalb von Minuten wieder ans Stromnetz zu bringen. Danach sucht er den Fehler und gegebenenfalls muss die Bereitschaft rausfahren und den Fehler beheben.

Das Fest soll perfekt sein.

Gerade an Weihnachten ist es wichtig, die Fehler schnell zu finden: „Da sind die Verbraucher besonders sensibel. Schließlich will ja keiner ohne Strom unterm Weihnachtsbaum sitzen, das Fest soll ja perfekt sein“, weiß der Netzführer. Er selbst sieht die Sache mit Weihnachten mittlerweile gelassen, nach über zehn Jahren im Schichtdienst: „Für mich ist ein Feiertag wie ein normaler Arbeitstag. Das Besondere, dieses Feiern an einem bestimmten Tag oder Datum, ist verloren gegangen. Dass Weihnachten ist, nehme ich eher durch die veränderten Umstände um mich herum wahr, etwa am ruhigen Straßenverkehr oder an der Dekoration. Man stumpft da also schon ein bisschen ab.“ Er sagt das auch mit einer gewissen Traurigkeit, denn manchmal wünscht er sich deshalb auch, einen Bürojob mit „normalen“ Arbeitszeiten zu haben. „Wenn du im Schichtdienst bist, gehörst du niemals ganz dazu, wenn Familie oder Freunde zusammenkommen – du hast die Arbeit schon im Kopf, alle wissen, der Uwe muss jetzt gleich wieder zum Dienst. Es ist einfach etwas anderes, als wenn du frei hättest wie die anderen.“

So ist das bei ihm auch an Heiligabend, wenn er in diesem Jahr Nachtdienst hat. Er und seine Frau genießen die Zeit, bis er um kurz nach 20 Uhr los muss. Bis 6 Uhr dauert dann seine Nachtschicht. Wenn Dienst und familiäre Pläne es an Weihnachten zulassen, dann schaut er sich gerne „Der kleine Lord“ im Fernsehen an, denn das gehört für ihn zum „Weihnachtsgefühl“ dazu. „Da kommen mir heute noch vor Rührung die Tränen“, gesteht er ganz freimütig. Richtig gefeiert wird auch im Hause Reitz erst am ersten Weihnachtsfeiertag, wenn die erwachsenen Kinder kommen. Auch dann muss er abends wieder los, denn wie im Wasserbereich hat man immer mehrere Tage Nachtschicht am Stück.

Keine Schicht wie die andere.

Man sollte zwar meinen, es sei besonders ruhig in den Nächten an den Feiertagen, aber grundsätzlich sei immer etwas los, „keine Schicht ist wie die andere.“ Vor allem, weil er verhältnismäßig viele Anrufe über die zentrale Telefonnummer der OVAG erhält, die außerhalb der Bürozeiten in der Netzleitstelle ankommt. „Man glaubt gar nicht, was die Leute so alles für Anliegen haben, von Taxirufen über Fragen zu ihren Rechnungen bis hin zu verwählt“, lächelt Reitz. Daneben hat er immer ein Auge aufs Netz: Der Stromverbrauch sinkt über die Feiertage leicht, aber nicht wesentlich, weil er sich von der Industrie in die Privathaushalte verlagert. „Alle lassen abends die Lichter brennen, die Waschmaschine laufen und die Gans im Ofen brutzeln“, weiß der Netzführer. Er hofft auf ruhiges, trockenes Winterwetter, denn dann treten die wenigsten Störungen im Netz auf. Tauende Schneemassen oder Unwetter als Ursache für Störungen an Leitungen könnten auch in diesem Jahr gerne ausfallen.

Uwe Reitz mag seinen Beruf, „und mit der Schichtarbeit habe ich mich arrangiert, ich denke nicht mehr drüber nach.“ Immerhin kann er lange im Voraus planen, wann er frei hat, denn die Schichtpläne stehen bereits fürs ganze Jahr fest. Wenn er wieder an Silvester Nachtschicht hat, dann kommt vielleicht wie in der Vergangenheit schon öfters auch seine Frau vorbei und die beiden starten zusammen ins neue Jahr und schauen sich das Feuerwerk an.

OVAG Netzführer Oliver Tag in der Netzleitstelle
Oliver Tag überwacht in der Netzleitstelle der OVAG an Heiligabend das Wassernetz.
Uwe Reitz Netzführer Strom
Uwe Reitz hat über die Weihnachtsfeiertage das Stromnetz der OVAG fest im Blick.

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