Ein Traum, schreibt der 20-jährige Student Ali Shaker aus Gießen, habe schöne, aber oft auch hässliche Seiten. „Ich dachte immer, der Traum vom Fußballer hat nur schöne Seiten, doch dann sah ich, dass es hässlich aber auch unfair zugeht. Heute melden sie sich wieder, weil sie wohl gemerkt haben, dass sie mies verkackt haben.“ So eine bittere Erkenntnis seiner Geschichte „Wir sind nicht in Hollywood“ mit der er im vergangenen Jahr beim 18. Jugend-Literaturpreis der OVAG erfolgreich war. Gemeinsam mit zwei Preisträgerinnen trug er seinen Text nun in der Liebigschule Gießen vor.
Ali Shaker skizziert in seiner Geschichte die Biographie des 23 Jahren alten Moussa, der wegen Diebstahls wieder einmal vor Gericht steht. Kern des Textes: Aufgrund seiner Herkunft und seines sozialen Umfeldes hat Moussa trotz guten Willens keine Chance sich in der Gesellschaft zu etablieren. Obwohl als Fußballtalent gehandelt wird, strandet er. „Heute weiß ich, dass Rassismus kein Alter hat.“ Er spricht vom Zusammenhalt der kleinen Familie, die in einer Hochhaussiedlung wohnt, vom Stolz auf seine kleine Schwester, für deren Verteidigung er auch schon mal drei gebrochene Rippen und zwei gebrochene Finger in Kauf nimmt.
Desillusioniert endet die Erzählung des Moussa, der in einer Kfz-Werkstatt unterkommt, weil ihn der Meister trotz der Vorstrafen akzeptiert. Aber: „Ich werde kein Fußballprofi mehr, und kann auch meine Familie nicht aus dem Dreck holen. Wir sind nicht in Hollywood, wir sind in Wedding.“
Leni Herzfeld (16 Jahre), ebenfalls aus Gießen, die die Gesamtschule Gießen-Ost besucht, hat die Geschichte „Lady in Red“ geschrieben. Darin schildert die Erzählerin ihre Beobachtungen bei ihrer täglichen Busfahrt. Besonders fällt ihr eine außergewöhnliche Frau mittleren Alters auf, die jeden Tag der Woche eine bestimmte Farbe für ihre Kleidung wählt. Geschickt verknüpft Leni Herzfeld diese Beobachtungen der Erzählerin plötzlich an einer Stelle mit deren eigenem Leben. Ein anderer Fahrgast spricht die Lady an und kritisiert das Rot der Kleidung. Das sei ihrem Alter nicht angemessen. „Als sie diese Worte ausspricht, sehe ich wieder meinen Vater vor mir stehen. Das sind genau seine Worte, die er mir vor die Füße spuckte, als ich den roten Rock trug.“ Es ist offenbar ein Moment der Befreiung für die Erzählerin, ein Entschluss zum Lösen vom Vater. „Papa, ich gehe heute nicht mehr einkaufen! Ich muss Wäsche waschen, rote Wäsche. Ich gehe heute Abend aus!“
Ebenfalls auf dem Podium: Mia Schlachter (16) aus Pohlheim, Schülerin der Liebigschule. „Nieves – Die Frau aus dem Schnee“ ist eine Geschichte, die in der Zukunft spielt. Mit fragwürdigen Methoden sollen darin Strafgefangene auf den rechten Weg gebracht werden.
Das Buch Gesammelte Werke mit den Texten aller 24 Preisträger kostet 12 Euro und kann bestellt werden unter james@ovag.de (06031 6848-1274). Einsendeschluss für den 19. Jugend-Literaturpreis der OVAG ist der 15. Juli. Näheres unter matle@ovag.de (06031 6848-1222).