Kneipenschlägerin trifft Graue Maus

Gewinner des Jugend-Literaturpreises der OVAG lasen an der Theo-Koch-Schule Grünberg.

Das erste „Date“ (ganz früher hieß das einmal Rendezvous). Für die meisten, die sich darauf einlassen, eine Angelegenheit, die mit Herzklopfen und trockenem Mund verbunden ist, die für die einen als unvergleichliches Erlebnis in Erinnerung bleibt, für andere mit einem Debakel endet, sie das sie am liebsten ungeschehen machen möchten. Jene, die heute zum ersten Mal „daten“, dürfen genauso aufgeregt sein, wie alle Jahrgänge vor ihnen. Der Unterschied: Die „Generation Beziehungsunfähig“, wie sie mitunter schnodderig bezeichnet wird, ist sich oft genug bewusst, dass es nicht bei diesem einen Date bleiben wird. Denn immer lauert der Gedanke im Hinterkopf: Es könnte noch eine bessere Gelegenheit winken.

Folgerichtig heißt die Kurzgeschichte von Lilli Weiskopf aus Gießen „Erste Dates“. Den Text der 22-Jährigen prämierte die Jury mit einer Auszeichnung beim 18. Jugend-Literaturpreis der OVAG. Gemeinsam mit zwei weiteren Preisträgern las sie nun vor Schülern der Theo-Koch-Schule in Grünberg.

Detailliert und atmosphärisch beschreibt Lilli Weiskopf jeweils in wenigen Zeilen, aber sehr prägnant, ein Treffen nach dem anderen das die Erzählerin absolviert. Beliebige Treffen, unabhängig vom Geschlecht. Im gleichen Atemzug deutet sie den Druck des Umfeldes an, die eigene Attraktivität mit immer neuen Treffen unter Beweis stellen zu müssen. „Ich weiß nicht, warum ich das überhaupt mache. Eigentlich bin ich ganz zufrieden damit, wie es ist.“ Also ein Date mit Emilia im Döner-Imbiss, die viel zu cool für sie ist. „Sie bestellt nach mir, vegetarisch, ich bin neidisch auf ihren Dürüm und muss mich zuhause übergeben.“ Nächster Kandidat Tarik. Wir umarmen uns zum Abschied, sein Hemd riecht nach Kaffee, auf dem Heimweg muss ich weinen.“ Kurz darauf: „Tim ist super, wir essen fantastisch, landen im Bett und melden uns nie wieder beieinander.“ Erschreckt stellt sie fest, dass die Bemerkung von Sönke, er bringe sein Kind mit, keineswegs ironisch gemeint war. „Beim Abschied sage ich ihm, mit uns wird das nichts, aber wenn er mal einen Babysitter braucht, kann er sich bei mir melden.“ Auch mit Isa scheint das nichts zu werden. „Zum Abschied küsst sie mich, kurz und angriffslustig. Kneipenschlägerin meets Graue Maus.“ Am Ende der Geschichte sitzt die Erzählerin allein am Rhein. Ihr Handy vibriert. „Hey, hättest du Lust, dich nochmal zu treffen?“ Ganz sicher wird sie das tun.

Ebenfalls auf der Bühne eine ehemalige Theo-Koch-Schülerin, Nora Tondar aus Rabenau mit ihrer Geschichte „Hinter den Wolken ist der Himmel blau“. Einfühlsam beschreibt die 21-Jährige den Alltag einer Patientin in einer psychiatrischen Klinik. „Dieses wahre Leben“ heißt der Text von Valentina Dietrich (17) aus Friedberg. Eine Jugendliche verlässt ihr Zuhause und tritt eine Reise an mit ungewissem Ausgang …

Das Buch Gesammelte Werke mit den Texten aller 24 Preisträger kostet 12 Euro und kann bestellt werden unter james@ovag.de (06031 6848-1274). Einsendeschluss für den 19. Jugend-Literaturpreis der OVAG ist der 15. Juli. Näheres unter matle@ovag.de (06031 6848-1222).

Gewinner Jugendliteraturpreis
Lesung in der Theo-Koch-Schule in Grünberg, v.l.: Valentina Dietrich, Nora Tondar und Lilli Weiskopf.

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