Ein düsteres Kapitel der DDR-Geschichte, das im Westen eher unbekannt war: Die Unterbringung von jungen Menschen in Jugendwerkhöfen. Anna Wecker aus Ulrichstein hat sich nach einer Klassenfahrt zu einem früheren Werkhof mit diesen Einrichtungen beschäftigt und darüber eine Geschichte geschrieben: „Das Leben in der Hölle auf Erden“. Dieser Text hat die Jury des 15. Jugend-Literaturpreises der OVAG im vergangenen Jahr derart beeindruckt, dass sie die 16-Jährige unter die 24 Gewinner des Wettbewerbs auswählte.
Kürzlich wurden die Geschichten aller Preisträger in dem Buch „Gesammelte Werke“ veröffentlicht. Derzeit lesen die jungen Autoren in unterschiedlicher Zusammensetzung in gut vierzig Schulen im Vogelsberg, der Wetterau und im Landkreis Gießen. So auch im Rahmen von zwei aufeinanderfolgenden Veranstaltungen in der Max-Eyth-Schule und im Albert-Schweitzer-Gymnasium in Alsfeld.
Eindringlich schildert Anna Wecker die Drangsalierungen und Torturen, denen die Erzählerin und ihre „Mitbewohner“ – oder sollte man besser sagen Mithäftlinge? – im Jugendwerkhof Torgau ausgesetzt sind. Eindringlich, beinahe lakonisch ohne Pathos und Weinerlichkeit. Eine Sachlichkeit, die umso schmerzlicher beim Leser ankommt. „Ich hasste jeden Tag. Da ich der Schwächling in meiner Gruppe war, wurde ich bestraft, indem man mir einen Kissenbezug über den Kopf warf und auf mich einschlug. Die Erzieher schauten in solchen Situationen weg. Das war ja ihr Ziel, die Erziehung des Einzelnen durch die Gruppe.“ Schließlich kommt der 17. November – „der schönste Tag meines Lebens.“
Nach diesem schweren, diesem wichtigen Stoff umso erfrischender die fröhliche Phantasiegeschichte der erst 13-jährigen Anna Merbs aus Friedberg: „007 oder das moderne Märchen“. Geschickt hat die Schülerin in die mit typischen, aufpolierten Versatzstücken dieses Genres versehene Geschichte zeitgenössische Passagen eingebaut. So hat das böse Königspaar sein Volk um dessen Vermögen gebracht und dieses in Panama gebunkert. Damit steht das erste Ziel für 007 und dem schlauen, Drohne genannten Riesen-Uhu schon mal fest …
„Heimweg“ heißt die nicht weniger phantasievolle Geschichte der 22-jährigen Studentin Laura Nold aus Grünberg. Dabei führt sie den Erzähler durch eine winterliche Landschaft, in der er einen Chor seltsamer Stimmen vernimmt, hin in eine wundersame Hütte, in der er auf einen Alten und einen Jungen trifft und sich mit der Frage konfrontiert sieht: Teufel oder Engel?
Das Buch „Gesammelte Werke“ mit den Texten aller Preisträger (200 Seiten, Hardcover) kostet 12 Euro und kann über die OVAG (06031 6848 1193) bestellt werden. Einsendeschluss für den Jugend-Literaturpreis 2019 ist der 15. Juli. Weitere Informationen unter 06031 6848 1222 und andreas.matle@ovag-energie.de