Zugriff auf verschiedene Bundes- und Landesfördertöpfe hat nach einer neuen Studie der Abwasserverband Oberhessen (avoh). „Damit sind hohe Zuschüsse verbunden, die wir nutzen wollen, um energetische Verbesserungen im Abwasserbereich vorzunehmen“, kommentierte Verbandsvorsteher Joachim Arnold. „Wir werden jetzt Förderanträge vorbereiten, die der Reduzierung des Energieverbrauchs dienen“, ergänzt seine Stellvertreterin Susanne Schaab.
Die Abwasserreinigung zählt zu den energieintensivsten Tätigkeiten einer Kommune. So werden beim avoh, der die Abwässer der Städte Schotten und Nidda reinigt, alleine auf der Kläranlage Nidda über 950.000 Kilowattstunden Strom zum Betrieb der Anlage benötigt. „Aufgrund des hohen Stromverbrauchs, ist die Energieeffizienz für den avoh bereits seit mehr als zehn Jahren ein zentrales Thema“, bekräftigt Matthias Seum, Technischer Geschäftsführer des avoh. Deshalb hatte der Verband für die Kläranlage Nidda beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ein Förderantrag zur Erstellung einer Potenzialstudie.
Der Verbrauch der Anlage liegt derzeit bei rund 950.000 kWh/a, das entspricht einem Verbrauch von zirka 32 kWh pro angeschlossenem Einwohner. Aus der Energiebilanz geht nun hervor, das 28 Prozent der Energie zum Betrieb der Belebungsbecken nötig sind.
Ein weiterer bedeutender Energieverbraucher ist das Zwischenpumpwerk auf der Kläranlage Nidda. Hier liegt der Verbrauch bei 19 Prozent des Gesamtverbrauchs. „Hier gibt es noch Potential zur Optimierung“, erläutert der technische Geschäftsführer, Kai Mathes. Um die Kläranlage noch besser gegen extremes Hochwasser zur schützen vor einer Überflutung zu schützen, wurde ein Großteil der Maschinen- und elektrotechnischen Anlagenteile aus dem möglichen Überschwemmungsbereich der Nidda herausgebaut. Dadurch wurde es notwendig, das Abwasser nochmals anzuheben, was den höheren Stromverbrauch erklärt.
Das Ingenieurbüro DAR (Wiesbaden) hat eine Energieeffizienzanalyse der Kläranlage vorgenommen und entsprechende Überlegungen angestellt, wie der Energiebedarf gesenkt werden kann. Darunter solche, die mit geringem Aufwand und einer Investition von weniger als 10.000 Euro umzusetzen sind. Vorgeschlagen hat das DAR verschiedene Optimierungen, die zu einer Energieeinsparung von rund 58.000 kWh/a führen würden.
Hinzu kommen Maßnahmen, die innerhalb von fünf Jahren umgesetzt werden sollen, aber größere Investitionen bedingen. Hier greifen die zugrundeliegenden Konzepte ein in die mechanische und biologische Reinigungsstufe, was am Ende eine Verbesserung der Lufteintragsaggregate bedeutet und eine weitere Einsparungen 63.000 kWh/a.
Letztlich gibt es noch die die Kategorie der sogenannten abhängigen Maßnahmen. Hier werden optionale Konzepte simuliert, die zum Tragen kommen könnten, wenn ein Teilbereich der Kläranlage komplett umgebaut werden müsste. In der Studie wurde der Betrieb einer Prozesswasserbehandlung betrachtet. Hierbei handelt es sich um ein Sonderverfahren in der Abwasserreinigung, welches im Bereich der Klärschlammentwässerung eingesetzt wird. Durch dieses Verfahren könnten weitere 120.000 kWh/a eingespart werden.
Nach Umsetzung der kurz- und mittelfristigen Maßnahmen in den nächsten Jahren geht der avoh von einer Energieeinsparung von 120.000 kWh/a ausgegangen. Dies bedeutet eine Reduzierung des Verbrauchs der Anlage auf rund 830.000 kWh/a. „Auf der Kläranlage Nidda erzeugen wir durch die Photovoltaikanlagen und dem Blockheizkraftwerk, welches mit Faulgas betrieben wird, bereits jetzt 715.000 KWh/a elektrische Energie“, verweist Matthias Seum. „Das entspricht einer Eigenversorgungsquote von theoretischen 86 Prozent.“
„Viele Menschen assoziieren mit der Energiewende nur den Umstieg der Stromerzeugung von Fossilen auf erneuerbaren Energieformen“, sagt Kai Mathes. „Dabei wird bei vielen die ebenso erforderliche Wärmewende gedanklich ausgeklammert. Wir haben deshalb auch nach Möglichkeiten, wie der erforderliche Wärmebedarf über erneuerbaren Energien gedeckt werden könnte.“
Auf der Kläranlage Nidda werden jährlich zwischen 5,5 – 6,0 Millionen cbm Abwasser gereinigt, das Temperaturniveau im Ablauf der Kläranlage bewegt sich zwischen 8 Grad im Winter und zirka 17 Grad im Sommer. Aus dieser Wassermenge könnte mit Hilfe von Abwasserwärmetauschern und Wärmepumpen theoretisch 22,5 Millionen kWh/a Wärme erzeugt werden. Dieses vorhandene Energiepotenzial soll zukünftig gehoben werden um fossilen Brennstoffe zu ersetzen und damit den Klimaschutz voran zu treiben.
Mit der Nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und fördert das Bundesministerium seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Ihre Programme und Projekte decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab: Von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Fördermaßnahmen. Diese Vielfalt ist Garant für gute Ideen. Die Nationale Klimaschutzinitiative trägt zu einer Verankerung des Klimaschutzes vor Ort bei. Von ihr profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen, Kommunen oder Bildungseinrichtungen.