Wie magisch zieht Emilia Bauer den Leser in ihre Geschichte, er folgt ihr beinahe willenlos und gerne, scheint selbst das Moos unter seinen Füßen zu spüren, die Bäume zu riechen, Lust zu haben, in den Teich („der empört darüber war, dass wir ihn nicht See nannten“) zu springen. Ein Sommernachmittag wie gemalt, Anfang der Siebzigerjahre. Freunde treffen sich, um von Zeit und Ort entrückt ihre Freizeit zu verbummeln, scheinbar unbekümmert. Es zeichnet die 18-jährige Autorin aus Schrecksbach aus, dass sie trotz der Idylle von der ersten Zeile an beim Leser mit melancholischen Anklängen, mit einer gewissen Schwere und Süße das Gefühl keimen lässt: Diese Geschichte wird nicht gut enden.
Mit „Der Geschmack von Blaubeeren“ ist der Schülerin der Albert-Schweitzer-Schule in Alsfeld ein Meisterstück gelungen für das sie die Jury im vergangenen Herbst mit dem ersten Platz beim 19. Jugend-Literaturpreis der OVAG belohnte. Gemeinsam mit zwei weiteren, der insgesamt vierundzwanzig ausgezeichneten Autoren, trug Emilia Bauer ihren Text nun an einem Tag in ihrer Schule und im Anschluss daran in der Max-Eyth Schule vor. An ihrer Seite: Luana Cimiotti (Stadtallendorf) und Julia Rausch (Romrod), auch sie Schülerinnen der ASS.
In nur wenigen Sätzen gelingt es Emilia Bauer die verschiedenen Charaktere ihrer Geschichte treffend zu skizzieren, spielt dabei sorgsam dosiert auf literarische Quellen an, ohne je der Versuchung zu erliegen, sich Bildungshuberei hinzugeben. Vielmehr schildert sie nicht nur das Ende einer Freundschaft, sondern eines Abschnittes von Jugend.
Wesentlich rauer, dann aber doch wiederum sehr empfindsam, geht es in der Geschichte „Der letzte Schlag“ von Luna Cimiotti (17 Jahre) zu. Außergewöhnlich für diesen Wettbewerb: Die junge Autorin begibt sich in die taffe Welt des Profi-Boxens. Allerdings ist der Text keine reine Boxer-Geschichte; vielmehr dreht es sich um Paulchen, der sich eigentlich keinen lorbeergeschmückten Vater wünscht der kaum Zeit für ihn hat, sondern einen stinknormalen Papa, der mit ihm ins Erlebnisbad geht und eine Fahrradtour unternimmt. Alles soll besser werden, verspricht der Champion Manfred seinem, nach seinem letzten Kampf. Aber es kommt alles ganz anders, denn es gibt den letzten Schlag.
„Ballkleidgefühle“ beschreibt die 18-jährige Julia Rausch. Wir befinden uns bei einem Abiball und erleben ihn aus der Perspektive der unscheinbaren, fast unsichtbaren Fotografin, selbst eine Schülerin, die mit genauem Blick wunderbare Momente im Leben der anderen einfängt. Die in dem Moment, als sie durch die tanzende Menge hinweg von einer Zwölfjährigen angeschaut wird, beschließt, nicht mehr unsichtbar zu sein.
Das Buch Gesammelte Werke, 218 Seiten, gebunden, kostet 12 Euro und kann bestellt werden bei hoppe@ovag.de oder 06031 6848-1193.
Einsendeschluss für den Jugend-Literaturpreis der OVAG 2023 ist am 15. Juli. Näheres unter matle@ovag.de